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21.11.2019, 20:00 Uhr | Dr. Matthias Bollmeyer
Stellungnahme zur Erweiterung der Ganztagsschule
Raumkonzept muss erörtert werden

Herr Vorsitzender,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
es geht heute um den Grundsatzbeschluss, die Paul-Sillus-Schule – ich zitiere aus der Tagesordnung – „zur Gewährleistung eines nachhaltigen und qualitativ hochwertigen Ganztagsbetriebes“ auszubauen. Obwohl zuletzt bereits im Vorfeld unserer städtischen Haushaltsberatungen von einem Investitionsvolumen von 2 bis 4 Millionen Euro die Rede war, konnten wir bereits den Ausführungen der Verwaltung entnehmen, dass zunächst weitere Entwicklungen und Beschlüsse der Bundespolitik ausgewertet werden sollen.
Dennoch möchte ich bereits vorgreifen und darauf hinweisen, dass die angekündigten 2 Milliarden Euro für den Ausbau des Ganztagsbetriebs bis zum Jahr 2025 für insgesamt 15.000 deutsche Grundschulen nicht ausreichen werden. Im Durchschnitt entfallen dabei auf jede Grundschule nämlich nur gut 130.000 Euro, was regelmäßig weitere Finanzmittel des jeweiligen Bundeslandes und des kommunalen Schulträgers erforderlich machen dürfte.
Die Vorstellung, jedem Grundschulkind in Deutschland ab dem Jahr 2025 einen Ganztagsplatz in der Schule anbieten zu können, sollte grundsätzlich nicht zu der plakativen Vorstellung führen: „Eltern, gebt doch eure Kinder ab, weil wir das so haben wollen!“

Fraktionsvorsitzender Dr. Matthias Bollmeyer.

Im Rahmen der Allgemeinen Schulpflicht nach Art. 7 Abs. 1 GG und nachfolgender Landesgesetzgebung sieht die CDU Schule primär als Bildungseinrichtung und nicht als Betreuungseinrichtung.
Unseres Erachtens gehören Kinder nach dem Schulunterricht in ihre Familien und ihre Freundeskreise sowie nach individueller Neigung in Sportvereine und andere Vereine, Musikschulen, Kunstschulen, Jugendgruppen und vergleichbare Freizeitangebote verschiedenster öffentlicher und privater Träger.
Die CDU traut Bürgerinnen und Bürgern grundsätzlich einen eigenen Entscheidungswillen zu und ganz besonders den Eltern, dass sie wissen, was das Beste für ihr Kind ist und dass sie selbst entscheiden sollen und dürfen, welches Betreuungsangebot sie wählen möchten. Deshalb spricht sich die CDU – beispielsweise auf Landesebene – auch vollständig gegen eine gebundene Ganztagsschule aus, weil sie den elterlichen Erziehungsauftrag nach Art. 6 Abs. 2 GG aushebeln würde.
Und erst vor wenigen Tagen hat der Deutschlandfunk unter dem Titel „Viel freiwillige Angebote, wenig gezielte kognitive Förderung“ die Ergebnisse einer aktuellen wissenschaftlichen Studie zur Ganztagsschule vorgestellt. Daraus geht hervor, dass es in Deutschland inzwischen einen hohen Anteil an Ganztagsschulen gibt, die sich aber von den Erfolgsmodellen anderer Staaten im wesentlichen Punkt unterscheiden: Staaten, in denen Ganztagsschulen aus bildungspolitischer Sicht erfolgreich sind, bieten auch am Nachmittag schulischen Unterricht an und schaffen damit für ihre Schülerinnen und Schüler weitere kognitive Anreize.
Für die Situation in Deutschland formuliert das Leibnitz-Institut für Bildungsforschung folgendermaßen: „Angebote, die nach Schule klingen, werden von den Schülern eher selten wahrgenommen.“ Festzustellen sei, dass beispielsweise die Angebote von Förderunterricht, die gezielt dazu dienen sollen, Schwächen auszugleichen, meistens gar nicht wahrgenommen werden. Vielmehr würden Angebote genutzt, die klassischerweise in den Hobby- und Freizeit-Bereich fallen.
Ganztagsschule stellt sich somit in Deutschland anders als beispielsweise in Großbritannien oder in Frankreich nicht als Bildungs-, Lern- und Förderangebot dar, sondern als reines Betreuungsangebot.
Als konzeptionell wesentlicher Bestandteil wird in der Begründung der Paul-Sillus-Schule zur Ganztagsschule ausgeführt: „Danach“, gemeint ist nach dem schulischen Unterricht am Vormittag, „folgt die Lern- und Übungszeit, in der die Kinder Aufgaben erledigen, die die anderen Kinder zu Hause machen. Wichtig dabei ist, dass die Kinder diese Phase (Mittagessen, chillen,“ was für ein Ausdruck im Kontext von Schule!, „und lernen) möglichst in einer festen Gruppe mit einem konstanten Ansprechpartner und in einem gleichbleibenden Umfeld (Bezugsort/Raum) verbringen. Kontinuität, Verlässlichkeit und feste Rituale sind für Kinder in dieser Tageszeit (Leistungstief in der Mittagszeit) besonders wichtig.“
Nichts, das muss in dieser Deutlichkeit einmal gesagt werden, geht über das gemeinsame Mittagessen einer Familie, bei dem die Eltern rasch von den Erfolgen und Sorgen des Schultags ihrer Kinder erfahren und gemeinsame Lösungen gefunden werden können.
Nichts ersetzt – und wirklich: gar nichts! – ersetzt die eigene Familie als persönlichen Bezugspunkt und Ansprechpartner, um einmal die Formulierungen der Schulleitung aufzugreifen. Und die Formulierung, dass „Eltern zunehmend beide ganztägig berufstätig“ seien, ist zumindest im großen Ganzen gesellschaftlich resignierend und fordert natürlich die Frage nach dem Warum? heraus: Lebenspläne und Alltagswirklichkeiten, die bisweilen inkongruent sind mit den individuellen wirtschaftlichen Möglichkeiten. Kaum jemand möchte sich in seiner Lebensführung noch beschränken, auch nicht zugunsten der eigenen Kinder oder der eigenen Familie.
Unabhängig davon, wie wir diese gesamt-gesellschaftliche Entwicklung einschätzen oder bewerten, sehen wir aber auch, dass der gesellschaftliche Wandel gewisse staatlich bzw. öffentlich organisierte und bereitgestellte Betreuungsangebote über den klassischen schulischen Unterricht hinaus erforderlich macht.
Dem kommen wir in Jever bereits seit Jahren mit ursprünglich drei Verlässlichen Grundschulen nach, von denen die Paul-Sillus-Schule inzwischen seit einigen Jahren als Offene Ganztagsschule läuft. Und auch die Weiterführenden Schulen des Landkreises Friesland bieten in unserer Stadt mittlerweile einen hohen Standard. Dies ist vor weiteren Überlegungen und Beschlüssen zunächst zu konstatieren. Es ist nicht so, dass es in Jever bisher entsprechende Angebote nicht gab oder gibt. Ich erinnere nur an die Hortplätze, die ebenfalls eine sehr lange Tradition in Jever haben und in früheren Zeiten zur Abdeckung des Betreuungsbedarfs ausreichten.
Dennoch und auch gerade wegen des eingangs Gesagten sehen wir bei einzelnen Punkten der heutigen Beschlussvorlage aber auch dringenden Gesprächsbedarf.
Klar ist:
Steigende Schülerzahlen verursachen sowohl einen höheren Bedarf in der Unterrichtsversorgung als auch einen höheren Bedarf an Betreuungsangeboten nach dem Unterricht. Mehr Lerngruppen erfordern wiederum mehr Räumlichkeiten. Und mit dieser Anpassung geht noch nicht einmal ein erweitertes Angebot einher.
Auch diejenigen, die in einer Schule beruflich arbeiten, benötigen bestimmte Einrichtungen oder Räumlichkeiten. So sollte beispielsweise tatsächlich ein vernünftiger Besprechungs- oder Beratungsraum heute Standard sein, wenngleich die gewünschten schalldichten Türen an allen Schulen, die ich bisher kennengelernt habe, ausschließlich Schulleiterzimmern vorbehalten waren und sicherlich einzusparen sind.
Auch Hausmeister und Reinigungskräfte benötigen angemessene Arbeits- und Lagerräume – besonders, wenn durch Um- oder Anbau ihr Arbeitsbereich größer werden sollte.
Dass die Toilettenanlage der Paul-Sillus-Schule erneuert oder modernisiert werden muss, ist naheliegend. Sie entsprechen nicht mehr heutigen Standards und liegt abgesehen vom Behinderten-WC – was nach früheren pädagogischen Vorstellungen für Pausenzeiten mal beliebt war – von außen zugänglich.
Überhaupt nicht erwähnt werden in den Wünschen der Schule überraschenderweise die derzeit nicht barrierefreien Gegebenheiten vom Haupteingang durch den Schulflur an den Toiletten vorbei bis zur Sporthalle. Hier liegen mehrere Ebenen vor, die über Treppen erschlossen sind. Gleichzeitig ist eine Herstellung der Barrierefreiheit aber wesentliches Gebot bei der Modernisierung von öffentlichen Gebäuden. Musterhaft darf der derzeitige Neubau am Mariengymnasium genannt werden, in dem später Treppen, Schrägen und ein Aufzug verschiedene Ebenen perfekt erschließen werden.
Auch der Wunsch nach Schaffung eines neuen Förderraumes ist legitim, wenngleich auch die Frage berechtigt ist, wie Förderung bisher ohne diesen Raum stattfinden konnte. Und ich gehe davon aus, dass Förderung natürlich stattfand und stattfindet. Und wenn es einen Förderraum gab: wofür soll der zukünftig genutzt werden?
Aber wichtig ist uns eben auch das Folgende, und diese Punkte wollen wir deshalb hier und heute hinterfragen und in ihrer Umsetzung in Frage stellen:
Ab dem Schuljahr 2022/23 soll die Paul-Sillus-Schule teilweise im vierzügigen Schulbetrieb laufen. Dafür werden verständlicherweise mehr Klassenräume benötigt. Festzustellen ist, dass die Räumlichkeiten vollkommen oder zumindest tendenziell ausreichend wären, wenn die Schule vor Jahren nicht in eine Ganztagsschule umgewandelt worden wäre. Da haben wir jetzt die Situation, dass in besseren Zeiten Räumlichkeiten eine neue Funktion bekamen, nämlich für den Ganztagsbetrieb, und diese Räume jetzt für den Unterricht fehlen. Ist ein Anbau wirklich die einzige Lösung? Oder müssen wir feststellen, dass die Ganztagsschullösung eigentlich falsch war und sich jetzt nur noch durch einen Millionenbetrag wieder korrigieren lassen wird?
In diesen Zusammenhang gehört natürlich auch die Frage, ob sich eventuell der Schulkindergarten an einen anderen Standort verlagern lässt und warum der bisherige Werkraum im Kellergeschoss aus Sicherheitsgründen nicht mehr akzeptabel ist. Es muss geklärt werden, zu welchen Kosten das Kellergeschoss beispielsweise auch für eine Hausmeister-Werkstatt sicherheitstechnisch wieder hergerichtet werden kann, eventuell durch zusätzliche Fluchtwege. Das ist unter der Bezeichnung „Ausbau im Bestand“ an vielen weiterführenden Schulen aufgrund des Raummangels übrigens Gang und Gäbe und sollte auch hier ernsthaft geprüft werden.
Klassenräume können laut Wunschliste der Paul-Sillus-Schule nicht für Ganztagsangebote genutzt werden, um andere Sozialformen und wechselnde Raumangebote vorzuhalten. Laut Begründung auch, weil der Alltag in einer Ganztagsschule „einem Berufstag nahe kommt“. Diese Feststellung ist richtig, und wir müssen uns alle fragen, ob wir wollen, dass schon Grundschulkinder nach ihrem Unterricht weiter in der Schule beschäftigt, bespaßt und gewissermaßen aufbewahrt werden. Denn verbindlicher Unterricht findet – wie ich bereits sagte – nachmittags ja nicht statt.
Der niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) hat übrigens in einem Maßnahmenkatalog bereits am 24. August 2018 mitgeteilt, dass schulischer Unterricht und Ganztagsbetreuung ohne Frage gemeinsame Räume nutzen dürfen, wenn die Nutzung klar geregelt ist und die Ausstattung beiden Bedürfnissen gerecht wird. „Die betroffenen Kinder können nach Überzeugung der Landesregierung davon profitieren, wenn Aktivitäten am Nachmittag im vertrauten Umfeld umgesetzt werden“, heißt es dazu vom Kultusminister und weiter: „Mit dieser Art der Doppelnutzung ist gute Schule gewährleistet.“ Gleichzeitig sollen die Kommunen mit diesem Maßnahmenkatalog finanziell und planerisch entlastet werden und flexibler agieren dürfen. Eine Handreichung ist dazu als pdf-Datei über die Internetseite des Kultusministeriums erhältlich.
Ich hatte eingangs erwähnt, dass die angekündigten Gelder des Bundes nicht ausreichen werden. Ich hatte angemerkt, dass Länder und Kommunen sicherlich darüber hinaus noch eigene Finanzmittel aufwenden müssten. Wenn aber der niedersächsische Kultusminister schon vor über einem Jahr erklärt hat, dass Unterricht und Ganztagsbetreuung im selben Raum stattfinden dürfen, so ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass die Stadt Jever für die Paul-Sillus-Schule keine Landesförderung bekommen wird, wenn wir hier Unterrichtsräume und Betreuungsräume getrennt umsetzen sollten. Denn das wäre mehr, als das Land Niedersachsen für eine Ganztagsschule fordert.
Grundschulkinder haben in einer Ganztagsschule in der Tat einen Berufstag mit einem Ablauf wie am Arbeitsplatz ihrer Eltern. Viele Hobbies und auch freies, kreatives Spielen kommen dann oftmals viel zu kurz. Davon, dass die Träger von eingangs genannten außerschulischen Freizeitangeboten starke Rückgänge zu verzeichnen und bisweilen mit ihrer Existenz zu kämpfen haben, ganz zu schweigen. In Jever ist die Kunstschule bereits Vergangenheit, daran möchte ich erinnern, und wie werden Musikschule, Sportvereine und andere in das Ganztagskonzept eingebunden? Immerhin ist der Kostenträger für diese dann einzukaufenden Betreuungsangebote das Land und nicht die Stadt Jever als Schulträger.
Insofern begrüßt und unterstützt die jeversche CDU auch das Ansinnen, die Grundschule am Harlinger Weg und die Grundschule in Cleverns nicht in Ganztagsschulen umzuwandeln, sondern weiter als Verlässliche Grundschulen am Vormittag zu führen. Beide Schulen wurden in den vergangenen Jahren umfassend durch An- und Umbau sowie umfassende Modernisierungen zukunftsfest aufgestellt, wenngleich beide Schulstandorte durchaus – nicht gleichzeitig, sondern nacheinander, meine ich natürlich – in ihrem Erhalt politisch hinterfragt wurden. Festhalten müssen wir somit auch, dass wir in unserer Stadt zwei kleine, feine Grundschulen mit familiärer Atmosphäre auch weiterhin vorhalten.
Gewünscht werden an der Paul-Sillus-Schule speziell für den zukünftigen Ganztagsbetrieb fünf neue Mehrzweckräume von offensichtlich jeweils 80 m2 Fläche mit mobilen Trennwänden. Gleichzeitig gewünscht wird auch ein neues Foyer als Veranstaltungs- und Aufenthaltsraum. Bis zu 300 Menschen sollen dort an Veranstaltungen teilnehmen können, und zudem soll dieses Foyer durch „variabel einsetzbare Trennwände“ unterteilbar sein.
Warum sollte der Schulträger fünf Mehrzweckräume mit mobilen Trennwänden und ein durch mobile Trennwände teilbares Foyer bauen, wenn doch offensichtlich ist, dass beispielsweise der große Veranstaltungsraum durch mobile Wände zu fünf Mehrzweckräumen werden könnte? Hier scheint eine Dopplung vorzuliegen.
In der heutigen Oberschule gab es in der 1. Etage des sogenannten Neubaus um 1970 übrigens einen solchen Bereich. Er wurde insgesamt betrachtet über Jahrzehnte nur sehr wenig genutzt, wurde technisch anfällig und ist inzwischen – wie ich kürzlich erfragt habe – längst zurückgebaut und mit festen Wänden neu in Klassenzimmer gegliedert. Also sollte somit auch in der Paul-Sillus-Schule die teure Technik mobiler Trennwände eingespart werden und mit klassischen Mauern geplant werden, was auch die Statik vereinfachen dürfte.
Und – wie gesagt: Grundsätzlich darf nach Einschätzung und Empfehlung des niedersächsischen Kultusministeriums die Ganztagsbetreuung eben auch in Unterrichtsräumen stattfinden.
Zu fragen ist dann natürlich auch, weshalb für die genannten Veranstaltungen nicht die Sporthalle einbezogen wird, die im Vergleich zum gewünschten Neubau für kleines Geld gereinigt oder mit mobilen Bodenschutzplatten ausgelegt werden könnte? Das machen andere Schulen auch so – vielleicht nicht die Wunsch-Traum-Lösung, aber eine gute Lösung, die funktioniert! In direkter Umgebung, die auch für Grundschüler fußläufig schnell erreichbar ist, hält die Stadt Jever übrigens das Dannhalm-Theater in genau passender Größe parat. Das Theater wird seit Jahren nicht entsprechend in der Nutzung ausgelastet. Was spricht also dagegen, wenn die Paul-Sillus-Schule es als Veranstaltungsraum wie eine Schul-Aula mitbenutzt?
Und der große Wunschzettel geht noch weiter. Für den „MINT-Bereich“ wird ein „Forscherlabor“ gewünscht, „das den naturwissenschaftlichen Bereich abdecken“ soll. Dieses „Forscherlabor mit angrenzendem Materialraum“ soll „vergleichbar“ sein „mit den naturwissenschaftlichen Räumen an den weiterführenden Schulen“.
Ein solcher hochspezifischer Fachraum ist in der Herstellung und Einrichtung sehr teuer, und auch seine kontinuierliche Wartung wird jedes Jahr hohe Summen verschlingen. Üblich ist auch, dass derartige Räume aufgrund Verschleißes und aufgrund kontinuierlich anzupassender Sicherheitsvorgaben durch den GUV und die TRGS in größeren Zeiträumen vollständig erneuert werden müssen. Ein Hinweis aus schulischer Praxis: Nicht umsonst verursachen an den weiterführenden Schulen regelmäßig die naturwissenschaftlichen Fächer die höchsten Ausgaben im Haushalt der Schule.
Außerdem ist es legitim in Frage zu stellen, ob ein solcher Raum überhaupt durch entsprechend naturwissenschaftlich qualifizierte Fachlehrkräfte und regelmäßig umfänglich genutzt werden könnte. Das wage ich zu bezweifeln.
Das Mariengymnasium Jever bietet im Rahmen des Begabungsverbunds mit den Grundschulen unserer Region fortlaufend in eigenen Fachräumen und mit eigenen Fachlehrerinnen und -lehrern grundschulgerechte Projektangebote im Bereich Mathematik und Naturwissenschaften an – ebenso wie in anderen Fachbereichen übrigens auch. Beispielsweise gibt es da einen physikalischen Workshop zur Optik mit Lichteinfall, Reflexion usw. Warum nutzt die Paul-Sillus-Schule nicht solche Angebote verstärkt und kann dann auf einen ähnlichen Raum im eigenen Haus verzichten?
Und was die hier Anwesenden vielleicht nicht wissen: „Begabungsverbund“ klingt nach Einser-Schüler und angehenden Gymnasiasten. Tatsächlich handelt es sich aber um weitgefasste Angebote für ganze Schulklassen, an denen selbstverständlich auch die Kinder teilnehmen, die sich nicht für eine gymnasiale Schullaufbahn empfehlen.
Der geforderte „Stilleraum“ ist an sich gut nachvollziehbar, wird jedoch durch die unspezifische Anmerkung, er möge eine „entsprechende Größe“ haben, zur Beliebigkeit verwässert. In diesem Raum soll sich – auch nachvollziehbar – eine Schülerbücherei befinden. Außerdem soll der Raum noch die Funktion einer „Medienzentrale“ bekommen.
Zumindest die Nutzung der immer noch sogenannten Neuen Medien wie die Computernutzung soll wunschgemäß aber im erwähnten naturwissenschaftlichen „Forscherlabor“ eingerichtet werden. Auch hier gibt es auf den ersten Blick wohl noch eine Dopplung oder Unschärfe im Konzept, deren Klärung zur Kostenersparnis führen sollte. Erlaubt sei noch der schulpraktische Hinweis, dass sich eine Computernutzung in Klassenstärke grundsätzlich in einem Raum verbietet, in dem naturwissenschaftlich praktisch gearbeitet werden soll. Wasser, irgendwelche Pulver, mit denen experimentiert wird, Erhitzen und andere Arbeitsschritte verkürzen die Lebensdauer von elektronischen Geräten bekanntermaßen rapide.
Ich komme zum Ende.
Grundschüler erreichen als neue Fünftklässler heutzutage sogar auch die Gymnasien in signifikanter Zahl, ohne fließend Lesen oder orthographisch weitgehend korrekt Schreiben zu können. Zukünftige Arbeitgeber beklagen sogar bei älteren Schülerinnen und Schülern noch die mangelnden Fertigkeiten in den Grundrechenarten.
Insofern ist es auch zu bezweifeln, ob die von der Schulleitung verwendeten pädagogischen Modebegriffe wie beispielsweise „MINT“ und „Medienzentrale“ sowie die Bezeichnung von Schülerinnen und Schülern als „Forscher“, wenngleich sie im eigenen Interesse vielmehr Lernende sind oder zumindest sein sollten, tatsächlich zu einer „nachhaltigen und qualitativ hochwertigen“ Ganztagsschule beitragen, wie es im Übrigen im heutigen Tagesordnungspunkt geradezu euphemistisch heißt.
Sich auf das Wesentliche zu fokussieren, scheint meiner Fraktion in dieser Sache vielmehr das Gebot zu sein.
In der Summe können wir also festhalten, dass manches am Beschluss eindeutig klar ist, vieles aber eben auch noch nicht. Auf diverse Unstimmigkeiten, Probleme und Sichtweisen habe ich soeben hingewiesen. Zum heutigen Zeitpunkt ist für die CDU somit noch ganz klar kein Anlass für den in der Beschlussvorlage angeregten Architektenwettbewerb gegeben. Dass das vorliegende Konzept mit der Landesschulbehörde, einer Behörde, die ihrerseits demnächst selbst abgewickelt wird, abgestimmt wurde, ist unseres Erachtens kein ausschlaggebendes Argument, da die Stadt Jever als Schulträger schließlich der Entscheider und Kostenträger für die Baumaßnahme sein wird.
Die heute zur Beratung anstehende Thematik ist für die CDU so wichtig, dass es hier keine überstürzte Entscheidung geben darf. Deshalb beantragen ich im Namen meiner Fraktion, das Thema einerseits in die Fraktionen zurückzugeben und die Planung andererseits durch die Verwaltung gemeinsam mit der Paul-Sillus-Schule weiter erörtern und modifizieren zu lassen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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